Im Zusammenhang mit Homosexualität und schwuler Sexualität bezeichnet der Begriff „Gay Cruising“ die gezielte, aktive und in der Regel mobile Suche nach einem Sexualpartner – meistens in öffentlichen Bereichen.
Diese Suche kann zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Auto oder sogar per Boot erfolgen. Der Terminus „Cruising“ stammt aus der englischen Seefahrersprache und bedeutet so viel wie „mit dem Schiff kreuzen“ oder „herumfahren“.
Wie funktioniert Gay Cruising?
Diese Form der Suche nach schnellen sexuellen Abenteuern mit gleichgeschlechtlichen Partnern funktioniert im Prinzip über nonverbale Signale, mit denen man generelles Interesse bekundet. Diese Signale sind in der Szene und für Eingeweihte bekannt.
Es können bestimmte Formen der Körpersprache oder einschlägige Gesten sein – oder aber vorher fest definierte Kleidungsstücke, Farbcodes oder das Tragen von bestimmten, auffälligen Accessoires.
Mit dieser Art der Kontaktanbahnung bricht man mit gängigen gesellschaftlichen Konventionen, wonach einer intimen gemeinsamen Erfahrung in der Regel eine mehr oder weniger förmliche Vorstellung, ein Kennenlernen oder eine Vermittlung durch Dritte, Agenturen oder sonstiger Mittler voraus geht.
Cruising zielt unmissverständlich darauf ab, schnellen, spontanen, unverfänglichen und oft anonymen Sex im privaten oder öffentlichen Raum zu haben. Ohne lange Aufwärmphase und manchmal ist nicht mal ein Austausch mit Worten notwendig.
Daraus zieht Gay Cruising auch seinen besonderen Reiz und gibt vielen Praktizierenden einen gewissen Kick.
Abzugrenzen ist diese Praxis jedoch ganz klar von der Prostitution, da hierbei kein Geld fließt und auch sonst keine materiellen Absichten im Spiel sind.
Gay Cruising hat eine lange Tradition
Es ist falsch, anzunehmen, dass es sich um ein relativ neues Phänomen handelt. Eine erste Erwähnung geht beispielsweise auf Ovid zurück, der darüber bereits in seiner Ars amatoria aus dem 1. Jahrhundert vor Christus schrieb. Als favorisierte Cruising-Areas schlug er dabei Marktplätze, Tempel oder die Rennbahn vor.
Auch im Mittelalter wurde immer wieder von Stadtgebieten und auch öffentlichen Toilettenanlagen berichtet, die als einschlägige Treffpunkte erwähnt wurden.
Im 18. Jahrhundert entwickelte sich dann in Zeiten der Industrialisierung und Urbanisierung vor allem im aufblühenden London eine erste große homosexuelle Subkultur mit zahlreichen einschlägigen Treffpunkten wie schwule Bars und Clubs (sog. Molly Houses).
Damals verfolgten die englischen Behörden systematische Bestrebungen, diese neue Subkultur zu unterbinden – z.B. mithilfe von Razzien und Verhaftungen.
Als Alternative zu den bekannten Lokalitäten entwickelten sich daraufhin Cruising Areas – in London u.a. in Teilen des Covent Garden und West Smithfield, in den Grünflächen des Lincoln’s Inn, den Gärten des St. James’s Park, auf der London Bridge und beim Royal Exchange. Zu dieser Zeit kamen auch die ersten aktive Klappen mit Glory Holes auf.
Fast gleichzeitig entwickelten sich in anderen europäischen Metropolen ähnliche Szenen – u.a. in Paris, Wien, Amsterdam.
Legendär sind bis heute die US-amerikanischen YMCA-Gebäude – nicht zuletzt durch den Song der Village People. Darunter verstand man Orte exklusiver junger Männlichkeit, die als Cruising-Areas genutzt wurden.
Das war vor allem im frühen 20. Jahrhundert völlig konträr zur damaligen Propagierung der Keuschheit und sorgte immer wieder für viel Aufruhr in der Öffentlichkeit.
Häufige Gelegenheiten für sexuelle Annäherungen und Experimente unter jungen Männern gab es besonders in den Sporthallen und später auch in den Schwimmhallen. Aus technischen und Hygienegründen schwamm man darin Mitte des 20. Jahrhunderts nämlich oft nackt.
AIDS führte dann Anfang der 80er-Jahre dazu, dass Cruising für gelegentliche Sexpartner bei beiden Geschlechtern, gleich welcher sexuellen Orientierung, mit stärkerer Vorsicht ausgeübt wurde.
Stark verändert wurde das Cruising-Verhalten dann schließlich durch das Internet und zuletzt durch den Siegeszug zahlreicher Dating-Apps, die den Kontakt zu potentiellen Sexpartnern um ein Vielfaches erleichtert haben.
Bei einigen spielt dabei auch die sogenannte Transgression eine Rolle – eine Art Fetisch, private Akte in der (Semi-)Öffentlichkeit auszuleben. Hoch im Kurs sind noch immer Treffen in freier Wildbahn – sogenanntes Wild Gay Cruising.
Mehr dazu erfahren Sie unter www.gay-boys.org
Cruising HotSpots und beliebte Treffpunkte
Grundsätzlich kann man heutzutage – auch mithilfe des Smartphones – fast überall Treffen vereinbaren – um sich ganz spontan seiner Lust mit einem völlig Fremden hinzugeben.
Es gibt jedoch immer noch eine ganze Reihe an beliebten HotSpots und einschlägigen Lokalitäten, um seiner Suche nach einem Sexpartner zu frönen:
Offline:
- Clubs/Partys
- Cafés/Bars
- Schwule Saunen (Indoor-Cruising im geschützten schwulen Bereich)
- Parks/Klappen (Glory Holes)/Parkplätze
- Darkrooms
- Schwule Infoläden
- Sex-/Pornokinos
- Sexshops mit Videokabinen
- Lederlokale/-clubs
- Öffentliche Toiletten
- U-Bahn-Stationen
- Spielhallen
- Sportstudios
- Strände / Dünen / Badeseen / Flussufer (Outdoor Cruising)
- Buchläden
Es wird darauf geachtet, dass für eine passende Cruising-Area folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
- Möglichkeit, viele Leute in einer kurzen Zeitperiode oder konzentriert auf einem Platz zu sehen
- Möglichkeit, herumzulungern, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen
- Möglichkeit, im Bedarfsfall schnell zu flüchten
- Gelegenheit, Genitalien aufzudecken – wie bei Urinalen, Bädern und Saunen
Online:
- Gaychats
- Gay.de
- GayParship
- PlanetRomeo
- GayRomeo
- Gaydar
- Grindr
- Growlr
- Scruff
- Manhunt
- Craigslist
- CruisingforSex.com
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