Ermittlung gegen LOVOO nach Zahlung in Millionenhöhe eingestellt

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Es waren drastische Szenen, die sich Anfang Juni in Dresden abgespielt haben – Hundertschaften der Polizei stürmten im ersten Sommermonat diesen Jahres die Firmenräume des Datingportals Lovoo und andere Objekte in der Elbstadt.

Zeitgleich haben auch in Berlin und München Hausdurchsuchungen stattgefunden. 12 Mitarbeiter des Anbieters wurden zwischenzeitlich verhaften, drei Haftbefehle vollstreckt. Der Vorwurf lautete Betrug in Millionenhöhe.

Ein riesiger Skandel um Fake-Profile und unlautere Machenschaften war geboren. Nun wurden die die Verfahren gegen Zahlung einer hohen Geldsumme eingestellt.

Unlautere Geschäftsmethoden: Hohe Gewinne dank Fake-Profile

Es ist der immer gleiche Verdacht, welcher Datingplattformen wie Lovoo seit Jahren begleitet und ständig in zahlreichen Foren und von Verbraucherschützern vorgebracht wurde: mit gefälschten Profilen werden ahnungslose Kunden, meist Männer, in kostenpflichtige Online-Dating-Dienste gelockt und so um ihr Geld gebracht.

Millionen Singles bezahlen für Dienste und Mitgliedschaften in Dating Apps
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Foto von oatawa, via Fotolia

So deckte beispielsweise der Skandal um das US-amerikanische Portal Ashley Madison im Jahr davor (nach einem anonymen Hackerangriff gesteht der Anbieter den Einsatz von automatisierten Chatbots) die enorme kriminelle Energie der Branche auf.

Dennoch dürften die Betreiber von Lovoo überrascht gewesen sein, als an einem sonnigen Sommertag plötzlich die Beamten der Polizei zur Razzia auftauchten.

Ein Whistleblower soll wieder einmal den entscheidenden Tipp gegeben haben. Keiner der Kategorie Edward Snowden oder Chelsea Manning, aber einer mit interessanten Informationen zu den Machenschaften der Dating App Lovoo.

In den entsprechenden Angaben der Staatsanwaltschaft heißt es konkret:

„Den insgesamt 12 Beschuldigten lag zur Last, seit 2013 über die Lovoo GmbH, deren Geschäftsgegenstand das Betreiben der Online-Dating-Plattform Lovoo ist, eine unbekannte Anzahl an Nutzern durch computergenerierte sog. Fake-Profile getäuscht und diese dadurch auf der Plattform zum Abschluss kostenpflichtiger Leistungen gebracht zu haben. Die Beschuldigten sollen in einigen Wochen zwischen dem 14.06.2013 und dem 23.07.2014 einen entsprechend manipulierten Quellcode eingesetzt haben, wodurch betroffenen Nutzern ein Gesamtschaden von 1.182.720,40 EUR zum Vorteil der Lovoo GmbH entstanden sein soll.“

Quelle: Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Dresden vom 29.09.2016

Der Schaden und die Folgen

Zwischen Juni 2013 und Juni 2014 sollen durch die Anwendung der oben genannten Geschäftspraktiken Mitglieder um fast 1,2 Millionen Euro gebracht worden sein. Mitarbeiter des Unternehmens hätten unter Anleitung der Geschäftsführer Hunderte falscher Profile angelegt. Paarungswillige Männer konnten gegen Zahlung eines Mitgliedbeitrages Kontakt mit ihnen aufnehmen – ein Treffen offline gab es natürlich nie.

Zwei Geschäftsführer wurden im Rahmen der Razzien vom Juni verhaftet, kamen aber wenige Tage später gegen Kaution wieder frei. Einer von ihnen hat sich mittlerweile aus dem operativen Geschäft zurückgezogen.

Ermittlungen gegen Lovoo eingestellt

In der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Dresden vom September wurde nun die Einstellung der Ermittlungen gegen Lovoo gegen eine Zahlung hoher Geldauflagen bestätigt.

Die Einstellung des Verfahrens fußt dabei vor allem auf zwei Umständen: Es war keiner der zwölf beschuldigten Mitarbeiter bei Lovoo vorbestraft. Der finanzielle Schaden für die einzelnen Mitglieder war zudem überschaubar. So wurden einige Lovoo-Nutzer um 20 Cent, andere um 20 Euro betrogen.

Sep 2016: Ermittlung gegen LOVOO nach Zahlung in Millionenhöhe eingestellt
Sep 2016: Ermittlung gegen LOVOO nach Zahlung in Millionenhöhe eingestellt
Foto von Yingko, via Fotolia

Da alle Beschuldigten den Auflagen der Staatsanwalt zustimmten, kann das Verfahren gegen sie nun eingestellt werden. Ein teurer und möglicherweise langwieriger Prozess bleibt ihnen somit erspart.

So günstig wie ihre Opfer kommen sie jedoch nicht davon. Insgesamt 1,2 Millionen Euro müssen sie für die Einstellung des Verfahrens zahlen, die Summen liegen zwischen 5.000 und 390.000 Euro. Ein Großteil dieser Summe fließt laut Staatsanwaltschaft direkt in gemeinnützige Einrichtungen. 300.000 Euro werden zur Deckung der Staatskosten genutzt.

Lovoo bleibt online und bemüht sich um Nutzervertrauen

Während des schwebenden Verfahrens war das Portal nicht offline. Mit der Zustimmung der Auflagen verfolgten die Geschäftsführer auch das Ziel, weiteren Schaden von Lovoo abzuwenden.

Wie viele Mitglieder die Partnerbörse in den letzten Monaten im Zuge des Skandals verloren hat, ist nicht bekannt. Verschiedene Vergleichsseiten von Dating-Portalen haben vor allem nach den Vorwürfen die Plattform auf deren Seriosität überprüft.

So hat sich bei Lovoo einiges getan, damit Fakes nicht mehr so einfaches Spiel haben. Dass die Singlebörse mittlerweile strengere Schutzvorkehrungen nutzt, zeigt sich auch hier. Die Grafik zu den Sicherheitsmaßnahmen veranschaulicht, dass neben einer automatischen Profilprüfung nun die Nutzer des Portals auch andere User melden können, wenn sie den Verdacht haben, dass es sich um Fakes handelt.

Nach Angaben des Unternehmens sollen immer noch 60 Millionen Profile bei der Dating App aktiv sein. Da stellt sich die Frage, wie viele davon auch echt sind.

Das betonte Ziel der Geschäftsführer ist es nun, das Vertrauen in den kommenden Wochen und Monaten wieder aufzubauen. Eine Reihe von weiteren Maßnahmen wurden beschlossen, die die Seriosität beweisen sollen. Dazu zählen verifizierte Nutzerprofile und ein regelmäßiger Fake Report.

Wie kann ich Lovoo noch vertrauen?

Der Verdacht gefakter Profile bei solchen Angeboten schwingt stets mit. Bei Lovoo wurde dieser Verdacht nun plötzlich ganz real. Die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung der Millionensumme verhindert zwar eine Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Betrugs. Sie ist aber auch ein Schuldeingeständnis der Verantwortlichen.

Lange Zeit wurden zahlende Kunden auf der Suche nach der großen Liebe oder einem sexuellen Abenteuer betrogen. Ich würde es mir derzeit zwei Mal überlegen, ob ich Lovoo mein Geld anvertraue, um die Liebe zu finden.

Da gibt es da draußen vertrauenswürdigere Angebote. Zumindest glaube ich das – bis zur nächsten Razzia in der Branche. Auf jeden Fall sollte man sich vor der Nutzung von Online-Dating Portalen damit vertraut machen, welche Gefahren und Risiken dort lauern können.

Skandale wie dieser tragen zu einer Besserung für die Verbraucher in der gesamten Branche bei. Anbieter dürften nun genauer abwägen, ob und wie weit sie den Einsatz von Fake-Profilen oder Chatbots dulden.

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Joachim D.https://www.dating-vergleich.com
Online Redakteur, Texter und Publizist im Bereich Online Dating seit 2012. Passionierter Blogger seit über 10 Jahren mit vielseitigen Interessen und langjähriger Expertise im Markt für Singlebörsen, Dating Apps, Partnervermittlungen und Flirt Chats durch hunderte Produkttests, Experteninterviews und intensiver Recherche über mehr als ein Jahrzehnt.

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